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Geschichtstheologie
Als Geschichtstheologie kann man eine Auffassung von Geschichte bezeichnen, die auf der christlichen Lehre aufbaut. Besonders das Geschichtsbild des Mittelalters und der Frühen Neuzeit sind wesentlich geprägt durch das biblische Geschichtsverständnis: Aus einem paradiesischen Naturzustand entwickelt sich eine Menschheitsgeschichte, die im Wesentlichen durch das Erscheinen Christi rhythmisiert wird. Am Ende steht das Jüngste Gericht und danach wiederum das Paradies. Seit dem 12. Jahrhundert ergänzt das Bild des Fegefeuers die christlichen Jenseitsvorstellungen (vgl. Jacques Le Goff). Im Gegensatz zu antiken Geschichtsvorstellungen handelt es sich hierbei nicht um einen wiederholbaren Zyklus, auch wenn sich Anfang und Ende ähneln, sondern um eine einmalige historische Bewegung. Anders aber als das Fortschrittsdenken des 18. und 19. Jahrhunderts gibt es in der Geschichtstheologie keine Entwicklung zum Besseren. Das entscheidende Kriterium, dieselben Chancen zu haben, am Tag des Jüngsten Gerichts in den Himmel zu kommen, ist unabhängig davon, in welcher Epoche man lebt. Elemente des geschichtstheologischen Denkens finden sich sowohl noch in Rankes Historismus als auch in der Geschichtsphilosophie idealistischer (Hegel) und materialistischer (Marx) Ausformung. Besonders Karl Löwith hat in seinem 1949 erschienenen Buch „Weltgeschichte und Heilsgeschehen“ auf diesen Zusammenhang von Geschichtstheologie und Geschichtsphilosophie hingewiesen.
Stefan Haas
Literatur:
Karl Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie, Erstausgabe 1949, seitdem öfters als Taschenbuch.
Löwith wollte dem Marxismus seiner Zeit seine theologischen Ursprünge vorhalten. Trotz dieser zeitbezogenen Intention sind seine Analysen der Geschichtstheologie noch heute grundlegend
Jacques Le Goff: La naissance du purgatoire, Paris 1981 (EA). Dt. EA: Die Geburt des Fegefeuers. Vom Wandel des Weltbildes im Mittelalter, München 1990.
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