Gender Studies

Thema der Gender Studies ist das hierarchische Verhältnis der Geschlechter in historischen und gegenwärtigen Kulturen.

Den Begriff gender entlehnen ihre Theoretiker der Grammatik, wo er als eine auf sozialer Übereinkunft beruhende Möglichkeit der Klassifizierung von Phänomenen begriffen wird, nicht hingegen als Verweis auf objektive Eigenschaften. Gender bezeichnet somit nicht das biologische, sondern das soziale Geschlecht. Die Gender Studies beschäftigen sich mit den kulturellen Deutungsprozessen, mittels derer "Männern" und "Frauen" bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden, sowie mit den gesellschaftlichen und kulturellen Funktionen dieser Zuschreibungen. Dabei setzen sie die Kategorie gender in bezug zu anderen bedeutungsstiftenden Kategorien wie Klasse und Ethnie (race).

Die Gender Studies gingen in den 1980er Jahren aus den Women's Studies hervor, die zunächst mit dem Anspruch auftraten, Frauen in der Geschichte sichtbar zu machen und den Ursachen männlichen Sexismus und weiblicher Unterdrückung auf die Spur zu kommen. Die Fortentwicklung von einem Themenfeld hin zu einer kategorialen Herangehensweise trug vor allem der Erkenntnis Rechnung, dass sich das Postulat einer Identität weiblicher Erfahrungen als nicht haltbar erwies. Vielmehr wurde es notwendig, Geschlecht in bezug etwa zu Klasse und Ethnie zu setzen. Somit verlagerte sich das Interesse von der Suche nach "den" Frauen in der Geschichte zu der Frage nach der kulturellen Konstruktion von "Weiblichkeit" und ihres Pendants, der "Männlichkeit". Aus der Historisierung der "Weiblichkeit" nämlich folgte zwingendermaßen auch die Enthebung der "Männlichkeit" aus dem Stand des vermeintlich Allgemeinen.

Mit der Forderung, Geschlecht als analytische Kategorie in grundsätzlich jeder Forschungsarbeit zu berücksichtigen, stellen die Gender Studies daher weniger eine autonome Forschungsrichtung mit spezifischen Theorien und Methoden innerhalb der Kulturwissenschaften denn eine spezifische Herangehensweise an kulturelle Phänomene dar.

Kerstin Ciba