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Postmoderne als Epochenbegriff und als philosophische Position
Postmoderne wird als Epochenbegriff ebenso verstanden wie als spezifische Denkform. In beiden Bedeutungen bleibt sie auf die Moderne bezogen, erzählt aber jeweils eine andere Geschichte. Als Epoche verstanden ist Postmoderne das postindustrielle Zeitalter, in dem nicht mehr Produktion die Wirtschaft beherrscht, sondern Konsumtion und Informationsfluss. Der amerikanische Soziologie Daniel Bell, der mit dem Begriff der postindustriellen Gesellschaft am ehesten identifiziert wird, beklagte noch kritisch die Zunahme von Pluralität als Verlust eines Zentrums der Gesellschaft. Die Einheit unseres sozialen Lebens droht verloren zu gehen. Weniger kulturkritische Stimmen bezeichnen mit dem Begriff Verschiebungen in der Berufsstruktur, im monogamen heterosexuellen Ehemodell und in den technischen Produktionsprozessen. Zusammenfassend kann auch vom Übergang von der Produktions- in die Wissens- bzw. Informationsgesellschaft gesprochen werden. In dieser Begriffsbestimmung erzählt Postmoderne eine teleologische Variante ihrer selbst, als habe die Geschichte auf dieses Ziel zugesteuert.
Das erinnert an die Fortschrittsvorstellungen des 19. Jahrhunderts, an den Glauben an eine bessere Welt am Ende der Geschichte in den bürgerlichen Freiheitskämpfen und an die Hoffnung auf eine kommunistische Gesellschaft im Marxismus. Die philosophische Postmoderne negiert diesen Gedanken. Sie hält ihn für zutiefst modern, indem er immer noch eine Kontinuität stiftet und damit einen Zusammenhang, der eindeutig benennbar ist. Sie geht vom Gedanken der Diskontinuität aus und meint damit die prinzipielle Differenz zweier Sachverhalte. Diese Differenz wird so radikal gedacht, dass kein übergeordnetes einheitsstiftendes Prinzip mehr über die Bruchstelle hinweg rettet. Wenn ich beispielsweise die geschlechtliche Differenz von Männern und Frauen betone, gleichzeitig aber herausstelle, dass beide Menschen seien, hebe ich die Unterschiedlichkeit auf, mache sie zu einer relativen. Die Postmoderne will diese Differenz radikal denken, als Akzeptieren des Anderen im Anderen, nicht als Auffinden des Selben.
Damit ist dieser zweite Begriff von Postmoderne eine weiterführende Herausforderung für das Denken und unsere Orientierung in unserem Leben. Als Epoche verstanden, können Differenzen immer noch rational, wissenschaftlich objektiv herausgearbeitet werden. Als philosophisch-theoretischer Diskurs steht in der Postmoderne dagegen die Grundlage der modernen Wissenschaft, Technik und unseres soziokulturellen Alltags radikal zur Diskussion.
Stefan Haas
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