Forschungsstand
Mit dem Begriff des ‚Forschungsstandes’ bezeichnet man die Gesamtheit des Wissens zu einem genauer zu umgrenzenden Teilgebiet einer Wissenschaft, wobei der Begriff sowohl das Fakten- und Interpretationswissen als auch die bislang in der Forschung verwandten Methoden und Theorien beinhaltet. Mit dem Begriff Forschungsstand werden die Fragen „was weiß man zu einem bestimmten Gebiet“ und „wie ist dieses Wissen erarbeitet worden“ beantwortet.
Es ist nicht nur wichtig, den Forschungsstand zu kennen, wenn man ein Projektvorhaben formuliert. Dieser muss in jeder wissenschaftlichen Arbeit reflektiert und die eigene Arbeit zu diesem in Beziehung gesetzt werden. Da erwartet wird, dass dies nicht implizit, sondern explizit geschieht, d.h. dass diese Reflexion formuliert und zur Diskussion gestellt wird, ist die Darstellung des und Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand ein wesentlicher Bestandteil der Einleitungen eines längeren wissenschaftlichen Textes.
Zu Beginn des eigenen Arbeitens muss man den Forschungsstand kennen, um
o zu wissen inwieweit ein Forschungsfeld bereits bearbeitet worden ist
o zu wissen in welcher Form, mit welchen Methoden und welchen theoretischen Ansätzen ein Forschungsfeld bereits bearbeitet worden ist
o zu eruieren, wo genau das eigene Forschungsvorhaben ansetzen kann, um bislang noch unbekanntes Wissen beziehungsweise Erkenntnis zu erarbeiten.
Aber auch wenn die Arbeit veröffentlicht wird und daher auch bei deren Planspielen, den Seminararbeiten sowie den Abschlussarbeiten wird die Forderung erhoben, den Forschungsstand zu reflektieren. Im Wesentlichen hat dies drei Gründe:
o dem Leser beziehungsweise der Leserin den Stand des Wissens im behandelten Forschungsfeld vorzuführen;
o zu begründen, was an der vorgelegten Arbeit neu ist;
o den methodischen und theoretischen Zugriff der eigenen Arbeit an den Forschungsstand anzuschließen, sei es in dem man sich von den bisherigen Forschungen abgrenzt, sei es in dem man angibt, wo man sich bereits existierenden Arbeiten anschließt.
Um diese Aufgabe auf möglichst hohem Niveau zu erfüllen, ist es nicht nur notwendig, den Forschungsstand berichtend darzustellen. Es ist vielmehr von besonderer Bedeutung für die Qualität der eigenen Arbeit, die bestehenden Forschungen im Hinblick auf ihren methodischen und theoretischen Zugriff zu analysieren, zu typologisieren und mit dem eigenen Ansatz in Beziehung zu setzen. Insofern geht es beim Forschungsstand nicht nur um einen deskriptiven und additiven Zugriff, sondern um einen analytisch typologisierenden. Insofern ist die Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand nicht nur eine mit der Frage, welches Teilgebiet noch unerforscht ist, sondern auch eine kritische und selbstkritisch Auseinandersetzung mit der Frage nach der Verfahrensweise der eigenen Arbeit.
Stefan Haas
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