Sinn der Erkenntnisarbeit/Sinnzuschreibungsstrategien in den Wissenschaften

Wissenschaftlicher Arbeit kann auf zwei Ebenen Bedeutung zugeschrieben werden: zum einen auf jener der Gesellschaft bzw. Kultur, in der sie durchgeführt wird, zum anderen auf der persönlichen Ebene desjenigen, der sich ihr stellt. Man kann die Antworten, die auf diese beiden Fragen, diskutiert worden sind, in einem ersten Zugriff wie in der Grafik ordnen. In den folgenden Texten werden diese Antworten jeweils kurz erläutert und historisch verortet.

GRAFIK

Man kann die Frage, welchen Sinn die eigene Forschungsarbeit macht, auf allen Ebenen beantworten, die Wissenschaft überhaupt konstituieren. Auf der Ebene des Autors und der Autorin mögen individuelle Präferenzen und eine spezifische Neugier ausschlaggebend und relevant sein, auf der Ebene der Methoden kann die Frage, inwieweit ein einzelnes Forschungsvorhaben das allgemeine Methodenwissen einer Disziplin voranbringt, zentral sein, um den Sinn der Arbeit zu bewerten.

Für die alltägliche Forschungspraxis sind fünf Strategien, den Sinn der eigenen Arbeit zu beschreiben, von besonderer Bedeutung:

1. Es wird argumentiert, die individuelle Forschungsleistung erweitere das Fakten- und Strukturwissen in einem genau umgrenzten Teilbereich einer Subdisziplin;

2. es kann ein neuer Interpretationstypus entwickelt werden, der sich übertragen lässt auf andere Phänomene oder Gegenstände und damit forschungsleitend für weitere Arbeiten auch anderer werden kann;

3. es werden neue Methoden entwickelt, mit deren Hilfe Probleme, die in einer Subdisziplin bislang nicht lösbar erschienen, gelöst werden können;

4. die eigene Arbeit kann einem gesellschaftlich relevanten, ethisch-moralischen Engagement entspringen und ihren Sinn darin haben, eine allgemein verbindliche Bewertung eines umstrittenen Sachverhalts vorzuschlagen. Besonders bedeutsam ist eine solche Begründung bei Arbeiten zu Randgruppen oder zu Gewalt;

5. es kann der Spaß an einem Thema und seiner Erforschung oder an der Anwendung bestimmter Methoden den Sinn der eigenen Arbeit ausmachen, wobei der Konflikt zwischen individueller Bewertung und intersubjektiver Übertragbarkeit zu lösen ist.

Stefan Haas