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Partikulargeschichte/Subdisziplinen/Teildisziplinen I
Eine der ersten Definitionsstufen, die Historikerinnen und Historiker vornehmen, wenn sie ihre Forschung verorten, ist die Benennung einer Teildisziplin der Geschichtswissenschaft. Diese Benennung erfolgt in der Regel nach einer Einordnung in bestehende Einteilungen der Disziplin in Subdisziplinen. Ein solches Vorgehen gibt es in jeder Wissenschaft: behandelt man beispielsweise etwas, das mit der symbolischen Repräsentation von Wirklichkeit zu tun hat was man derzeit in der Regel mit dem Begriff ‚Kultur’ begrifflich fasst -, ordnen Soziologen und Soziologinnen ihre Arbeit in die Kultursoziologie ein, Philosophen und Philosophinnen in die Kulturphilosophie, Historiker und Historikerinnen in die Kulturgeschichte. Man ordnet in einem solchen Verfahren den Gegenstand, den man behandelt, beispielsweise die konkrete Krönungszeremonie eines bestimmten Herrschers, einer Kategorie zu, die wiederum eine Subdisziplin konstituiert. In der Regel ist dies die erste Festlegung, nicht die nach der Methode, der Theorie oder der Weltanschauung zumindest ist es die erste, die man bewusst trifft, Analysen von wissenschaftlichen Thematisierungsprozessen beispielsweise in der Wissenschaftsgeschichte (was auch eine Teildisziplin ist) zeigen, das vielfach unbewusste Entscheidungen einer solchen Einordnung zu einer Subdisziplin vorausgehen.
Teil- bzw. Subdisziplinen sind häufig nicht nur Benennungen, sondern auch Institutionen. Für eine Teildisziplin wie beispielsweise die Ernährungsgeschichte gibt es spezielle Wissenschaftlervereinigungen, es gibt spezielle Kongresse und Publikationsorgane sowie Fachzeitschriften. Innerhalb der Teildisziplin gibt es eigene Diskurse über Methoden und Theorien, eigene Dynamiken der Wissenschaftsentwicklung, die sich aber häufig zu einem Interdiskurs mit Entwicklungen anderer Teildisziplinen verbinden. In vielen Wissenschaften ist die Einordnung in eine Subdisziplin häufig mit einer Entscheidung für den beruflichen Lebensweg verbunden. In der Psychologie beispielsweise arbeitet man als Sozialpsychologe bzw. Sozialpsychologin oder in der Klinischen Psychologie. Die Geschichtswissenschaft ist offener, weil die primäre berufliche Verortung, beispielsweise bei Laufbahnen innerhalb der Wissenschaft wie an der Universität, durch traditionelle epochale Abgrenzungen (Antike, Mittelalter etc.) gebildet wird. In den letzten Jahren beginnt sich aber immer stärker die Ordnung nach Teildisziplinen durchzusetzen. So können Professuren für Stadtgeschichte oder für Mediengeschichte ausgeschrieben sein. Klassischerweise hatte nur die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte einen solchen thematisch benennbaren Sonderstatus. Die anderen Professuren waren solche für Mittelalter, Frühe Neuzeit etc. Manchmal aber gab es genauere Bestimmungen: „mit besonderer Berücksichtigung von...“, aber dies war bis in die 1990er Jahren hinein selten. Genauere Abgrenzungen zeugten meist davon, dass die Professur in einem anderen Fach angesiedelt war: eine Professur für Sportgeschichte ist im Fachbereich Sportwissenschaft, eine für Medizingeschichte war (und ist) in der Fakultät für Medizin angesiedelt.
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