Es macht Spaß ... oder Wissenschaft als Ästhetik der Lebensführung

„Fröhliche Wissenschaft“ war ein Schlagwort Nietzsches und ist wieder eins in der Postmoderne. Wenn alles erlaubt ist, wenn alles möglich ist und wir nicht mehr sagen können, was wahr und was falsch ist, dann ist das einzige Entscheidungskriterium die pure Subjektivität, sprich das eigene Lebensgefühl. Erkenntnis sollte Spaß machen, der Akt des Lesens uns erfreuen, die Beschäftigung mit Phänomenen die Zeit vertreiben oder darüber hinaus Sinn machen für uns selbst. Das klingt wie ein Rückzug in die kleine Höhle des Individuums - vor allem im Vergleich zur weltverbessernden Aufklärung und ihren Hoffnungen auf eine bessere Gesellschaft. Wahrscheinlich ist es das auch, aber wer einen anderen Anspruch erheben möchte, muss diesen auch begründen und legitimieren können. Dazu bedarf es neuer Ideen, die vielleicht dann sich entwickeln können, wenn man sich selbst und die anderen beobachtet, wie man mit der gegenwärtigen Situation umgeht. Eine Leitfrage kann dabei sein, warum man gerade dies für eine Untersuchung spannend findet und etwas anderes nicht, denn Präferenzen bilden sich häufig in einem vorbewussten Bereich, der manchmal direkter auf Erfahrungen der eigenen Umwelt reagiert, als es das reflektierende Bewusstsein tut. Dazu muss man sich in Situationen bringen, in denen man sich selbst ausprobieren kann - und ist schon wieder in der ästhetischen Postmoderne, in der es auch um Wahrnehmungserweiterung geht. Also scheint der Weg durch die Postmoderne hindurchzuführen, aber wahrscheinlich nicht an ihr vorbei.

Vielleicht wird eine der nächsten Generationen einen Weg finden, die eigene Freude an bestimmten Erkenntnissen und an der Arbeit an ihnen offen und transparent zu machen. Derzeit ist dies kein hinreichendes Legitimationskriterium und man wird nicht umhin können, rationale Argumente für die Sinnhaftigkeit und Relevanz der eigenen Forschung anzugeben, um erfolgreich zu sein.

Stefan Haas