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Positivismus im Historismus
Prinzipiell ist der Historismus ein typisches Kind des 19. Jahrhunderts. Man könnte ihn als positivistisch verstehen, wenn dieser Begriff nicht - wie viele andere auch - zweideutig wäre. Der Historismus ist positivistisch, insofern er sich nur an das Gegebene, das tatsächlich Vorhandene, d.h. für den Historiker quellenmäßig Erfass- und Nachweisbare halten will. Dies alles ist das Positive, d.h. es ist gegeben, unbezweifelbar vorhanden. Der Begriff ‚Positiv’ hat in diesem Kontext nichts mit einer Bewertung zu tun, für die wir ihn in der Alltagssprache benutzen.
Der Historismus ist aber auch antipositivistisch. Positivismus ist ein Begriff, den der französische Philosoph Auguste Comte (1798-1857) prägte und als Kennzeichnung für die von ihm entwickelte philosophische Grundposition verwendete. Auch er wollte sich nur an das Unbezweifelbare halten, aber er orientierte sich dabei an den Naturwissenschaften, so dass für die Historisten nur jener ein Positivist ist, der sich der Geschichte mit naturwissenschaftlichen Methoden nähert. Daher kann es passieren, dass der Historist sich selbst für einen Antipositivisten hält, während die Forschung ihn als Positivisten kennzeichnet. Hier wie anderenorts muss man sehr genau auf die Konnotationen der Begriffe schauen, wenn man etwas theoretisch verortet.
Stefan Haas
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