|
Definition des Begriffs ‚Turn’ als ‚Kopernikanische Wende’
Als Turn bezeichnet man einen umfassenden Orientierungswechsel in den Wissenschaften. Er bezeichnet den Wandel der kategorialen Grundlage einer einzelnen oder einer Gruppe von wissenschaftlichen Disziplinen.
Der Begriff geht auf den philosophischen Terminus der ‚Kopernikanischen Wende’ zurück. Mit diesem wird ein Denken bezeichnet, das die bisherigen Überzeugungen auf den Kopf stellt. Das Vorbild ist die Erkenntnis des Kopernikus, dass sich die Erde um die Sonne, und nicht die Sonne um die Erde dreht. Der Begriff wurde verwendet, um Kants transzendetalphilosophischen Ansatz zu charakterisieren. Er fragte nicht mehr nach den Inhalten von Erkenntnis, sondern nach den Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Erkenntnis überhaupt geschehen kann. Für ihn ist das ‚Ding-an-sich’ für Menschen nicht erkennbar. Erkennen können wir es nur in der Art und Weise, in der es uns erscheint. Wir Menschen aber bringen Raum und Zeit als Anschauungsformen mit und ordnen jede Erscheinung diesen unter. Damit ist es das menschliche Bewusstsein, das formuliert, wie uns ein Gegenstand erscheint, als ein Gegenstand, der in diesen oder jenen räumlichen und zeitlichen Kontext eingeordnet und von diesem konstituiert wird. Damit ist es auch das Bewusstsein, das die Form bestimmt, in der ein Gegenstand kategorial und begrifflich eingeordnet werden kann.
Kants Kopernikanische Wende bestand damit darin, die bisherige Überzeugung, dass Gott oder die Natur die Dinge schaffen ersetzt wird durch eine Auffassung, nach der die Objekte der Erkenntnis auch abhängig sind von Bedingungen des Erkenntnissubjekts selbst. Ohne dessen aktive Mitwirkung kann ein Gegenstand nicht als seiend und damit für uns erkennbar konstituiert werden.
Stefan Haas
|
|
|